Ich sitze im Zug. Das Internet ist schlecht und ich habe nichts zu tun. Natürlich Verspätung. Noch 30 Minuten bis ich da bin. Was mache ich in der Zeit? Ich bin ungeduldig. So furchtbar ungeduldig. Nichts tun fällt mir schwer. Seele baumeln lassen, Gedanken schweifen lassen, entspannen – selbst die Schlussentspannung beim Yoga – fällt mir unglaublich schwer.
Ich bin gewohnt, mich abzulenken. Mit „Fast Food“ für mein Hirn. Social Media, Online Shopping. Immer wieder die gleichen Seiten, obwohl ich gerade erst dort war.
Oder ich nutze die kurze Lücke produktiv. Die Fotos auf dem Handy sortieren wäre sinnvoll. Eigentlich könnte ich auch noch mal meine Tasche sortieren, da findet man ja gar nichts mehr. Oder schon mal den nächsten Social Media Post vorbereiten? Dinge die ein schnelles Ergebnis im Außen zeigen. Die mir bestätigen, dass ich etwas „geleistet habe“.
Doch warum? Warum fällt mir „nichts tun“ so schwer? Langeweile ist auch ein Übergang. Von der einen, in die andere Situation. Es ist die Phase, in der wir Kraft tanken, für unsere nächste Aufgabe, unser nächstes Ziel. Wenn wir Stress als Helfer sehen, als Antriebsenergie um unsere Ziele zu erreichen, wird völlig klar, dass wir dieses Zurückschwingen in die Ruhe brauchen. Um Anlauf zu nehmen, für unser nächsten Ziel.
Wir schwingen in Amplituden auf ein hohes Stresslevel: leisten viel, kommen in den „Flow“ und unseren Zielen immer näher – und dann (im gesunden Muster), schwingen wir wieder zurück, kommen in die Ruhephase und erholen uns.
Diese Ruhephase ist genauso wichtig und produktiv wie unser „Stress Peak“. Hier werden wir kreativ, bekommen Abstand zu den Themen, neue Ideen und Lösungswege. Wir sammeln Kraft und laden unsere Akkus auf.
So wie ein Konzertmusiker, der viele Konzerte gibt, in dieser Zeit ein hohes Stresslevel hat, viel Energie benötigt und Fantastisches erschafft. Und der sich nach seinen Konzerten erholt, kreativ wird und an neuen Stücken arbeitet. Das eine bedingt das andere.
Wenn ich also diese Ruhephase nicht zulasse und nicht aushalte, den Übergang von Langeweile in Kreativität, Inspiration und Leichtigkeit nicht abwarten kann, nehme ich mir zwei meiner wesentlichen Grundbedürfnisse: Das eben benannte nach Inspiration & Leichtigkeit und das nach Ruhe und Erholung.
Auf lange Sicht werde ich auch nicht mehr genug Energie haben, um ein hohes Stresslevel zu surfen und meine Ziele zu erreichen. Meine Amplituden werden geringer ausschwingen und ich werde weniger erreichen.
Mit diesem Wissen im Gepäck, bleibe ich ruhig sitzen, gucke aus dem Fenster, schaue mir die Wolken an, lasse die Gedanken schweifen und komme ins Träumen.
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